2011-06-02

Sondersession Europapolitik - wichtige Entscheide für die Landwirtschaft

In der während der Sommersession des Parlamentes durchgeführten Sondersession zur Europapolitik stehen auch landwirtschaftliche Vorstösse zur Diskussion. Drei davon verlangen den Abbruch (Motion Joder, SVP) oder den Unterbruch (Motion Darbellay, CVP) der Verhandlungen über das Agrarabkommen mit der EU (Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich, FHAL) und zusätzlich den Ausschluss der Landwirtschaft von den WTO Verhandlungen im Rahmen der Doha-Runde (parlamentarische Initiative Joder SVP). Sollten diese Anliegen in beiden Räten Mehrheiten finden, ist die seit anfangs der 90iger Jahre eingeleitete Reform der Agrarpolitik in Frage gestellt und die Rückkehr zu einer nach plan- und staatswirtschaftlichen Prinzipien funktionierenden Landwirtschaft eingeleitet.

Worum geht es

Grundlage der heutigen Agrarpolitik ist der Mitte 90iger Jahre von Volk und Ständen mit überwältigendem Mehr angenommene Verfassungsartikel über die Landwirtschaft. Dieser „Gesellschaftsvertrag“ hält fest, dass die nach dem zweiten Weltkrieg für die Landwirtschaft weitergeführte Politik der Plan- und Staatswirtschaft mit staatlich gestützten Preisen sowie Ab- und Übernahmegarantien abgelöst werden soll durch die „Neue“ Agrarpolitik. Einkommens- und Preispolitik sollen getrennt werden. Preise sollen sich (wie für alle anderen Güter selbstverständlich) am Markt bilden, dafür soll die Landwirtschaft für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die sie erbringt, mit Direktzahlungen entschädigt werden. Diese Politik hat sich, bei unvoreingenommener Betrachtungsweise, bis heute bewährt. Sie ist auf die Öffnung zum europäischen Markt ausgerichtet und bietet der Landwirtschaft und dem gesamten Ernährungssektor Perspektiven. Sie rechtfertigt auch die Höhe der heutigen Direktzahlungen. Bei einer Abkehr von der laufenden Reform und damit der Auflösung des bestehenden „Gesellschaftsvertrages“ müsste der heutige Umfang der Direktzahlungen in Frage gestellt werden.

Veränderung des politischen Umfeldes

Die weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrisen sowie die negativen Auswirkungen der Globalisierung haben viele berechtigterweise verunsichert. Natürliche und durch menschliches Handeln verursachte Katastrophen, Anzeichen, dass der Klimawandel nicht einfach als Fehlbeurteilungen von Wissenschaftlern abgetan werden kann, starke Fluktuationen auf den Rohstoffmärkten auch für Nahrungsmittel tragen das ihre dazu bei. Der Begriff Ernährungssouveränität ist in die politische Diskussion aufgenommen worden. Tendenzen zur Rückkehr zu offenem oder verdecktem Protektionismus können nicht mehr übersehen werden. Vor diesem Hintergrund ist es dem Schweizerischen Bauernverband (SBV) gelungen über die SVP hinaus politische Kräfte zu mobilisieren, um die Weiterführung der Reform der Agrarpolitik zu verhindern. Es wird nicht nur das Agrarabkommen mit der EU (FHAL) abgelehnt, sondern auch die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems (WDZ) und die Agrarpolitik für die Jahre 2014 – 2017 (AP 14-17) werden in Frage gestellt.

Keine Alternativen zum Agrarabkommen mit der EU

Die Forderung der SVP nach Abbruch der Verhandlungen mit der EU ist unabhängig vom Wahljahr nachvollziehbar. Sie entspricht konsequent ihrer Ablehnung von allem, was mit Europa in Zusammenhang gebracht werden kann. Eine Rückkehr mit ihr und ihrem Vizepräsidenten Blocher, als Präsident des SBV, zum „Plan Wahlen“, kann aber kaum von einer Mehrheit des Parlamentes als zukunftsträchtige Alternative betrachtet werden.

Dagegen weniger nachvollziehbar ist die Forderung nach einem Unterbruch der Verhandlungen bis zu einem allfälligen Abschluss der Doha-Runde. Dies im Wesentlichen aus zwei Gründen: Zum ersten aus verhandlungstechnischer Sicht. Für allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt kommende Verhandlungen wird die schweizerische Position durch ein solches Vorgehen eindeutig geschwächt. Sollten, und damit zum zweiten Grund, die WTO Verhandlungen scheitern, werden vermehrt bilaterale Freihandelsabkommen mit aussereuropäischen Staaten abgeschlossen, die letztlich die gleichen Auswirkungen für die schweizerische Landwirtschaft haben wie ein Abschluss der Doha-Runde. Gegenüber einem Agrarabkommen mit der EU blieben die Möglichkeiten zur Kostensenkung und die Ausnützung neuer Marktzutritte für die Landwirtschaft bescheiden. Vor- und nachgelagerte Bereiche würden einmal mehr nicht in den notwendigen Anpassungsprozess mit einbezogen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Ernährungsbranche nicht verbessert. Der Verlust von Marktanteilen für die Landwirtschaft würde unausweichlich. Der Abschluss des Agrarabkommens mit der EU ist unabhängig vom Ausgang der Doha-Runde notwendig. Auch aus Sicht der Ernährungssouveränität. Weltweit stehen heute im Durchschnitt 20 Aren Ackerland pro Einwohner zur Verfügung. In der Schweiz sind es 6, in der EU gut 40 Aren. Wem es wirklich um die Sicherung der Versorgung bei knapper werdendem Angebot geht, kann nicht gegen das Agrarabkommen mit der EU sein. Als logischer und konsequenter Schritt in der laufenden Agrarreform, nicht nur im Interesse der gesamten Volkswirtschaft, sondern speziell einer produzierenden Landwirtschaft.

Es bleibt nur zu hoffen, dass auch im Wahljahr wenigstens die Damen und Herren Vertreter der Stände (und nicht der Parteien) den nötigen Abstand waren können und den laufenden, erfolgreichen Reformprozess nicht aufhalten oder gar rückgängig machen wollen.



27.5.2011, Hans Burger

2011-03-31

Evolutivklausel - eine Alternative zum FHAL?

Der Schweizerische Bauernverband (SBV) ist gegen ein Freihandelsabkommen im Agrar-, Lebensmittel- und Gesundheitsbereich mit der EU (FHAL) und stellt nun als Alternative die „Aktivierung“ der Evolutivklausel zur Diskussion. Er ist der Meinung, dass nebst der bereits erfolgten Öffnung des Käsemarktes auch „gewisse andere Sektoren“ erfolgreich schrittweise liberalisiert werden könnten. Dieser Weg scheint uns nicht erfolgsversprechend. Er dürfte praktisch nur sehr schwer umsetzbar sein, die EU kaum interessieren und wenig zur dringenden notwendigen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit entlang der ganzen Wertschöpfungskette beitragen.

Evolutivklausel – Weiterentwicklung des Agrarabkommens 1999

Auf Grund der Evolutivklausel , Artikel 13 des Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen 1999), verpflichten sich die Schweiz und die EU ihre Bemühungen zur schrittweisen Liberalisierung des Handels mit Agrargütern fortzusetzen. Sie ist seit dem 1. Juni 2002 in Kraft. In einem gemischten Ausschuss werden Anträge der Verhandlungspartner aufgenommen und Lösungsvorschläge erarbeitet. Er kann sich auf die Ergebnisse der Tätigkeiten von zehn, nach Produktionsbereichen gegliederten Arbeitsgruppen stützen. Bis heute konnten vor allem nicht tarifäre Handelshemmnisse in den Bereichen Saatgut und Pflanzenschutz, Weinimporte aus der Schweiz, Rindviehexporte aus der Schweiz, biologische Produktion, Erzeugnisse für die Tierernährung sowie Wurstwaren und Fleischprodukte abgebaut werden. Besonders wichtig für die Umsetzung einer schweizerischen Qualitätsstrategie ist die Ergänzung des Agrarabkommens über die gegenseitige Anerkennung der geschützten Ursprungsbezeichnungen (GUB) und der geschützten geografischen Angaben (AOC).

Im Unterschied zum FHAL, das eine einmalige Liberalisierung der gesamten Wertschöpfungskette umfasst, also auch die vor- und nachgelagerten Bereiche mit einbezieht, sieht die Evolutivklausel ein schrittweises, produktebezogenes Vorgehen vor und lässt offen, wie weit die Liberalisierung weitergeführt werden soll. Theoretisch könnte über die Evolutivklausel die gleiche gegenseitige Marktöffnung wie mit dem FHAL erreicht werden.

Die Evolutivklausel hat sich bis heute bewährt. Sie half mit, das bestehende Agrarabkommen mit laufenden Verbesserungen und Anpassungen sinnvoll umzusetzen und insbesondere technische Handelshemmnisse kontinuierlich abzubauen. Dagegen kann im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung unserer Agrarpolitik die Evolutivklausel keine Alternative zum FHAL sein. Dies aus folgenden Gründen:

- Starke Verflechtung der Produktionsbereiche

Bei der vom SBV vorgeschlagenen Liberalisierung „gewisser Sektoren“ müssten nicht nur technische Handelshemmnisse, sondern auch tarifäre abgebaut werden. Die starke gegenseitige Abhängigkeit der verschiedenen Produktionsbereiche lässt jedoch ein Herauslösen „gewisser Sektoren“ praktisch nicht zu. Die dadurch entstehenden Marktverzerrungen müssten durch einen umfangreichen staatlichen Interventionismus ausgeglichen werden, der nicht einmal vom SBV begrüsst werden dürfte. So wäre zum Beispiel die Öffnung des Fleischmarktes oder gar nur von Teilen davon, ohne gleichzeitig die Futtermittel ebenfalls zu liberalisieren, praktisch nicht durchführbar. Die Verflechtung von Brot- und Futtergetreide wiederum lässt die einseitige Öffnung des Futtermittelmarktes nicht zu. Analoge Überlegungen gelten für die Eier- und Geflügelproduktion. Paritäten zwischen den Ackerkulturen müssten wieder staatlich hergestellt werden. Auf Produkte resp. auf Produktionsbereiche bezogene Liberalisierungen würden unabwendbar zu unlösbaren Marktverzerrungen führen. Dieser Ansatz scheint in hohem Masse wirklichkeitsfremd.

- Zum Verhandeln braucht es mindestens zwei Partner

Wer die Entwicklung unserer Beziehung zur EU mitverfolgt, wird sich kaum vorstellen können, dass sie bereit ist über produktebezogene Weiterentwicklungen des Agrarabkommens zu verhandeln. In Anbetracht der Sensibilitäten der „Mittelmeerländer“ der EU muss sogar bezweifelt werden, ob sie bereit wäre im Rahmen eines FHAL Sektoren wie den Gemüse- oder Obstbau aus dem Abkommen auszunehmen. Beides Sektoren, die unter dem Gesichtspunkt der Verflechtung nicht in ein FHAL miteingeschlossen werden müssten.

- Kostensenkungspotential nicht ausgeschöpft

Das Kostenniveau wird in der Schweiz auf absehbare Zeit immer ein sehr hohes bleiben, dies sogar bei einem Vollbeitritt zur EU. Nur eine ganzheitliche Liberalisierung der gesamten Wertschöpfungskette erlaubt die höchst möglichen Kostensenkungen bei den Produktionsmitteln. Durch die Öffnung „gewisser Sektoren“ kann das an und für sich schon relativ bescheidene Kostensenkungspotential, das das FHAL bieten würde, nicht ausgenützt werden.

- Vor- und nachgelagerte Bereiche nicht einbezogen

Die landwirtschaftliche Produktion ist auf gute Strukturen in den vor- und nachgelagerten Bereichen angewiesen. Besonders auf eine wettbewerbsfähige Verarbeitungsindustrie. Diese braucht nicht nur Rohstoffe zu konkurrenzfähigen Preisen sondern auch Zutritt zum europäischen Markt, um Skaleneffekte in der Produktion voll ausnützen zu können. Mit einem selektiven Öffnen „gewisser Sektoren“ wird die Verarbeitung in der Schweiz nicht konkurrenzfähiger. Vermehrter Import von landwirtschaftlichen Rohstoffen (Veredlungsverkehr) oder gar die Auslagerung von Produktionsstätten ins Ausland wären die Folgen. Und damit, im Gegensatz zum ganzheitlichen Ansatz des FHAL, die Schwächung der landwirtschaftlichen Produktion.

Mit einem Selbstversorgungsgrad von um die 60 Prozent ist die Schweiz sicher kein Agrarexportland. Es geht deshalb nicht darum die Produktion zu steigern, um Nahrungsmittel zu exportieren. Vielmehr geht es darum, die kaum vermeidbaren, zunehmenden Importe an Nahrungsmittel mengen- und besonders wertmässig durch Exporte von verarbeiteten Produkten zu kompensieren.

Die selektive Öffnung „gewisser Sektoren“ hilft hier wenig. Was wir brauchen ist der ganzheitlichen Ansatz des FHAL’s. Wir brauchen wettbewerbsfähige Verarbeitungsbetriebe, die schweizerische Rohstoffe veredeln und allenfalls auch auf dem ausländischen Markt absetzen können. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um auch bei nachhaltiger landwirtschaftlicher Bewirtschaftung den Selbstversorgungsgrad zu halten. Dies selbstverständlich in der heutigen Zeit, wie in andern Bereichen auch, unter Berücksichtigung einer sinnvollen Arbeitsteilung im europäischen Raum.

Hans Burger, 31.3.2011

2011-02-24

"Avec Bruxelles, il est urgent d'attendre" - un témoinage peu crédible du CEO de Fenaco

« Je veux une agriculture productrice et compétitive » a déclaré dans une interview à l’Hebdo Monsieur Willy Gehriger, directeur de la coopérative agricole Fenaco, pour continuer un peu plus loin : « La politique agricole commune se trouve dans une impasse et dans les faits, l’UE est loin de se diriger vers une agriculture axée sur la durabilité. Avec Bruxelles, il est urgent d’attendre ».


Fenaco, « une entreprise des paysans suisses » avec un chiffre d’affaires qui dépasse les 5 milliards de CHF, est devenue le premier acteur an amont et un acteur très important en aval de la production agricole en Suisse et par cela un partenaire incontournable pour beaucoup d’exploitations agricoles. C’est dans notre système économique une performance extraordinaire et on ne peut que féliciter les responsables de Fenaco de cet impressionnant succès. Il est tel que dans beaucoup de secteurs le groupe frise une position de monopole ou au moins une position de dominance du marché. La position économique de Fenaco est justifiable, voire souhaitable en vue de la participation de l’agriculture suisse au marché européen. Elle est pourtant très problématique si l’ouverture des marchés agricoles vers l’UE, déjà partiellement réalisée avec succès, reste inachevée. En effet, dans la situation actuelle, spécialement pour les secteurs d’activité de la Fenaco qui sont toujours partiellement protégés, les rentes de situation sont importantes. On comprend que la défense politique du statu quo et la défense des acquis sont prioritaires pour l’entreprise. Son CEO se prononce donc avec une régularité et un engagement impressionnants contre l’accord de libre échange dans le secteur agroalimentaire, malheureusement sans présenter d’alternatives valables et en prétendant défendre les intérêts de l’agriculture suisse. C’est pourtant cet accord agricole qui permettra à l’agriculture suisse de remplir sa mission productrice, valeur fondamentale du groupe, valeur pour laquelle s’engage Fenaco d’après son site internet avec «… une grande éthique et de la responsabilité… ».

Le manque de stratégie durable de la politique agricole commune (PAC) et dans ce contexte l’impasse dans laquelle elle se trouve, est dans cet article l’argument avancé contre la politique du Conseil fédéral. L’argumentation ne nous semble pas pertinente pour les raisons suivantes :

- L’accord libre-échange du secteur agroalimentaire (ALEA) ne nous oblige pas à reprendre la politique agricole commune (PAC). Nous restons autonomes pour définir notre politique agricole, notamment pour l’organisation des paiements directs et des soutiens aux améliorations des bases de production.

- Si effectivement l’orientation de la production agricole en UE s’éloignait de l’objectif de la durabilité (un avis de la Fenaco que nous ne partageons pas), cela signifierait un atout supplémentaire pour nos produits suisses, et sur le marché suisse et sur le marché européen. En effet, les consommateurs en UE comme en Suisse sont toujours plus sensibles et exigeants quant au respect des critères de durabilité pour la production de denrées alimentaires.

Conclusion : L’ALEA reste la meilleure alternative pour le maintien et le développement du secteur agroalimentaire suisse.

Hans Burger, février 2011

2011-01-17

Ein "grüner Euro" gegen einen überbewerteten Franken

In nächster Zeit werden sich die Wege der Zukunft der Landwirtschaft und des Verhältnisses der Schweiz mit der Europäischen Union kreuzen. Einerseits geht es um die Verwirklichung des Freihandelsabkommens im Agrar- und Lebensmittelbereich (FHAL). Andererseits hat die EU unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie an der Fortsetzung des bilateralen Weges nicht mehr interessiert ist. In dieser nicht einfachen Situation kommt nun der Höhenflug des Schweizer Franken im Verhältnis zum Euro erschwerend hinzu.


Trotz dieser schwierigen Lage bleibt die Gruppe für eine offensive Agrarpolitik (GOAP) überzeugt, dass der Abschluss des FHAL, längerfristig betrachtet für die Erhaltung einer produzierenden Landwirtschaft in der Schweiz unumgänglich ist. Dies aus folgenden Gründen:

- Ein nachhaltig nicht wettbewerbsfähiger Sektor ist dem Niedergang geweiht;

- Der grössere Teil der Nahrungsmittel sind landwirtschaftliche Rohstoffe die, bevor sie konsumiert werden können, durch Handwerk oder Industrie verarbeitet und veredelt werden müssen;

- Auf Grund der Kleinheit des Schweizer Marktes ist die Nahrungsmittelindustrie auf den Export angewiesen, um die durch den technischen Fortschritt ermöglichte Skaleneffekte voll ausnützen zu können.

Im Unterschied zur Situation, die vom ersten Weltkrieg bis zum Fall der Berliner Mauer vorherrschte, ist heute keine unmittelbare Bedrohung für die Versorgung unseres Landes auszumachen. Aus Sicht der Wirtschaft und der Politik kann die Selbstversorgung mit allem und um jeden Preis nicht mehr gerechtfertigt werden. Wie im Bereich Sicherheit und Verteidigung ist es sinnvoll, den strategischen Raum für die Ernährungssouveränität von der Schweiz auf den europäischen Raum auszuweiten. In diesem erweiterten Raum ist eine gewisse Arbeitsteilung logisch, d.h. dass sich die verschiedenen Regionen auf Produktionen spezialisieren, wo sie auf Grund natürlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen besonders wettbewerbsfähig sind.

Der Haken daran ist, dass wir sehr wohl dem Freihandel mit unseren Nachbarn das Wort reden können, dass aber dieser Freihandel nicht zu den erwarteten Preisangleichungen und Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit führt, wenn die Wechselkurse der Währungen diese Resultate laufend wieder zu Nichte machen.

Maurice Allais, Wirtschaftsnobelpreisträger 1988, hat als erster auf die Unvereinbarkeit zwischen dem internationalen Währungssystem und der Globalisierung der Märkte aufmerksam gemacht. 1995 machte er in Stockholm, vor Verantwortlichen der Nahrungsmittelbranche folgende Aussage: „ Die Vorteile des Freihandels kommen nur in Regionen zum Tragen, die über einen gemeinsamen Markt und gemeinsame politische Rahmenbedingungen verfügen“.

Die Ereignisse der letzten Monate geben ihm voll Recht. Von Mitte 2007 bis Ende 2010 hat der Euro gegenüber dem Schweizer Franken 25 % seines Wertes eingebüsst, davon 18 % allein 2010. Was nützt es somit fragt man sich, über Jahre den Abbau des Grenzschutzes auszuhandeln oder durch Rationalisierung die Gestehungskosten zu senken, wenn durch die Unwägbarkeit von Währungsschwankungen innerhalb weniger Wochen all diese Anstrengungen wieder zu Nichte gemacht werden?

Was nun die Beziehungen der Schweiz mit der EU betrifft, macht Brüssel immer unmissverständlicher klar, dass der von Bern verfolgte bilaterale Weg als zu kompliziert und schwerfällig erachtet wird und die Rechtssicherheit auf die Dauer nicht gewährleistet werden könne. Der Bundesrat schätzt das Risiko, diese Frage im Wahljahr ernsthaft zu diskutieren, als zu gross ein. In seinem Bericht über die Evaluation der schweizerischen Europapolitik begnügt er sich mit dem Auflisten der verschiedenen denkbaren Beziehungen zur EU und hält am bilateralen Weg fest. Sollte es einmal nötig sein vom bilateralen Weg abzuweichen, ahnt man zu Recht, dass der 1992 abgelehnte EWR, der die Übernahme von EU – Recht ohne Mitbestimmung bedeutet, wohl kaum mehrheitsfähig sein wird. Mehr Chancen gibt man einer Lösung „EU-Beitritt light“ wo Ausnahmen auszuhandeln wären, wie z.B. die Beibehaltung des Schweizer Franken und verweist dabei auf das Vereinigte Königreich, auf Dänemark oder Schweden. Man kann sich vorstellen, dass Economiesuisse mit einer solchen Lösung leben könnte.

Für die Landwirtschaft, aber ebenso für den Tourismus und weite Teile der Realwirtschaft wäre die Beibehaltung des Schweizer Franken in einem durch den Euro dominierten Freihandelsraum unhaltbar. Diese Sektoren wären gezwungen, laufend die Preisdifferenzen auszugleichen die jede neue Bewertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro verursacht. Eine solche von der Finanzwirtschaft aufgedrängte Lösung hätte als Konsequenz den Ausbau ihrer Vormachtstellung in der Politik auf Kosten der übrigen Sektoren. In der Tat würden viele Betriebe der Maschinen-, der Uhren- und der Nahrungsmittelindustrie zur Auslagerung ins Ausland gezwungen, oder sie würden, was die Nahrungsmittelindustrie betrifft, vermehrt auf den aktiven Veredlungsverkehr ausweichen. Wenn multinationale Unternehmen Wechselkurseinflüsse ganz oder teilweise durch Import von Vorleistungen oder durch „Transferpreise“ zwischen ihren Niederlassungen ausgleichen können, trifft dies für die grosse Mehrheit der KMU, die vorab im Inlandmarkt tätig sind, nicht zu. Landwirtschaft und Tourismus sind ihrerseits unabänderlich an den nationalen Raum gebunden. Sie können weder ihre Aktivitäten auslagern noch einen wesentlichen Teil ihrer Produktionsfaktoren oder –mittel in günstigen Devisen importieren. Somit wäre die Angleichung der schweizerischen und europäischen Preise nicht ein für alle Mal möglich, sondern müsste bei jeder Erhöhung des Schweizer Franken wieder neu erreicht werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Neigung zur Überbewertung des Schweizer Franken durch die interessierte Finanzwirtschaft, die mehr und mehr die gesamte Wirtschaft und die Politik bestimmt, gefördert wird. Die Schweiz würde zusehends Singapur oder Monaco ähnlicher, mit einer Konzentration gut bezahlter Aktivitäten in urbanen Zentren und einem vernachlässigten ländlichen Raum. Die Rivalität zwischen den Vertretern der Realwirtschaft und denen der Finanzwirtschaft würde weiter genährt und Politik und Gesellschaft destabilisiert. Kurz gesagt, ein überbewerteter Schweizer Franken allein im europäischen Markt wäre zerstörerisch für den gesellschaftlichen Ausgleich und den nationalen Zusammenhalt.

Um alle Wechselkursprobleme auszuschalten, den Anliegen der EU angemessen zu entsprechen und den Interessen des Nahrungsmittelsektors zu genügen, wäre ein Vollbeitritt mit Übernahme des Euro die beste Lösung. Aber wie Hugo Loetscher schrieb: „ Wenn der Liebe Gott Schweizer gewesen wäre, würde er heute noch auf den richtigen Moment warten, um die Welt zu erschaffen.“ So werden im Land der Kompromisse und der kleinen Schritte mit grosser Wahrscheinlichkeit Zwischenetappen nötig sein.

Wenn wir trotz ihrer Unvereinbarkeit vorübergehend oder sogar längerfristig mit Freihandel und Schweizer Franken leben müssen, stellt sich die Frage wie die negativen Auswirkungen aufgefangen werden können. Seit einigen Monaten diskutieren Unternehmer, Politiker und Ökonomen eine Palette von Lösungsansätzen: Deckung von Wechselkursrisiken durch die Banken, Negativzinsen auf ausländischen Kapitaldepots, Steuern auf Finanztransaktionen, feste Bindung des Schweizer Franken an den Euro.

Als Beispiel für die Landwirtschaft kann die im gemeinsamen Markt von der EU lange praktizierte „grüne Währung“ herangezogen werden. Von 1973 bis zur Einführung der Einheitswährung im Jahre 1999, wurden die Preise landwirtschaftlicher Produkte für alle Länder der EU, die alle noch ihre eigene Währung hatten, in ECU festgelegt. Die Währungen der einzelnen Länder konnten stark schwanken. Das führte zu substantiellen Preissenkungen, respektive Preiserhöhungen je nachdem, ob in einem Land auf- oder abgewertet wurde. Um diese Ausschläge auszugleichen, hat der Ministerrat jährlich spezielle Wechselkurse für internationale Geschäfte im Zusammenhang mit der gemeinsamen Agrarpolitik festgelegt. Die Differenzen zwischen den „grünen“ und den allgemeinen Wechselkursen berechtigten den Bezug von Ausgleichszahlungen. Diese Währungsausgleichbeträge entsprachen Exportsubventionen für Länder mit einer starken (z.B. Deutschland) resp. Exportabschöpfungen für Länder mit schwachen Währungen.

Die GOAP fordert, dass die Einführung eines ähnlichen oder gleichwertigen Mechanismus in den Massnahmenkatalog der Begleitmassnahmen im Zusammenhang mit der Einführung des Freihandels im Agrar- und Lebensmittelbereich mit der EU aufgenommen wird.

Wir können uns auf eine unbestrittene Autorität in dieser Frage, auf Jean Claude Trichet, Präsident der europäischen Zentralbank, berufen. 1993, damals Schatzmeister im französischen Finanzministerium, schrieb er: „Man kann lange alle Zölle und nicht tarifären Handelshemmnisse abbauen, wenn grosse Währungsunterschiede im betrachteten wirtschaftlichen Raum überhand nehmen, wird die Verwirklichung des gemeinsamen Marktes durch diese immateriellen Handelshemmnisse wieder in Frage gestellt.“



Jacques Janin, Le Mont, 10.1.2011

Übersetzt von Hans Burger

2011-01-11

Un "euro vert" contre un franc destructeur

Dans les temps prochains, les chemins du devenir agricole et des relations entre la Suisse et l’Union européenne vont se croiser. D’un côté, va se jouer le sort de l’accord de libre-échange agroalimentaire avec l’UE. De l’autre, l’UE remet en cause la poursuite de ses relations avec la Suisse par la voie bilatérale. Et, à la croisée de ces chemins, l’envol du franc suisse par rapport à l’euro vient semer le trouble.


Le Groupe pour une politique agricole offensive (GPAO) reste convaincu qu’ un tel accord de libre-échange est indispensable si l’on veut maintenir à long terme une producrion agricole substantielle en Suisse. Ceci pour les raisons suivantes:

• une branche durablement non compétitive est condamnée à perdre de sa substance, à s’étioler progressivement ;

• La plus grande partie des produits alimentaires sont des denrées agricoles devant subir un processus de transformation industrielle avant d’être consommées ;

• Vu l’éroitesse du marché suisse, l’industrie alimentaire doit être capable d’exporter afin d’atteindre une taille critique rationnelle.

A la différence de ce qui a prévalu de la Première Guerre mondiale à la chute du mur de Berlin, il n’est plus de menace plus ou moins proche et imminente pour l’approvisionnement du pays, qui justifie, aux yeux de la majorité des décideurs politiques et économiques, de produire en Suisse, à n’importe quelles conditions, assez de tout en suffisance. Comme en matière de sécurité et de défense, l’espace stratégique de la souveraineté alimentaire s’est élargi à l’espace continental. Et, dans cet espace élargi, il est normal qu’une certaine division internationale du travail intervienne, c’est-à-dire que les pays se spécialisent dans les branches où ils ont des avantages compétitifs.

Le hic, c’est qu’il est bien joli de décréter le libre-échange avec nos partenaires voisins, mais il ne conduira pas à la convergence des prix et à la compétitivité si les taux de change des monnaies divergent et viennent au contraire creuser les écarts.

Maurice Allais, prix Nobel d’économie 1988, a le premier dénoncé l’incompatibilité entre le système monétaire international et la libéralisation transfrontalière des échanges. En 1995, à Stockholm, devant un auditoire de responsables de la branche agroalimentaire, il affirmait : « La libéralisation des échanges ne vaut qu’à l’intérieur d’Associations régionales dotées de marchés communs prenant place dans des cadres politiques communs. » (1)

Les événements que nous vivions depuis quelques mois lui donnent entièrement raison. De mi-2007 à fin 2010, l’€ a perdu plus de 25 % de sa valeur par rapport au franc suisse, dont quelque 18 % en 2010. Alors, à quoi bon négocier pendant des années une réduction de la protection douanière aux frontières ou une compression des coûts par rationalisation quand le yoyo des cours de change peut en quelques semaines effacer les résultats péniblement obtenus ?

Sue la plan des relations Suisse-UE, Bruxelles fait savoir avec insistance que le sur-mesure sectoriel, à la carte, que demande Berne est trop lourd et complexe et n’assure de toute façon pas une homogénéité et une sécurité du droit suffisante dans la durée. Plus précisément, elle requiert la reprise de l’acquis communautaire et de son développement. Pour l’heure, le Conseil fédéral refuse de prendre le moindre risque en année électorale. Après avoir passé en revue les différents modes de relations envisageables dans son Rapport sur l’évaluation de la politique européenne (2), il affirme vouloir s’en tenir à la voie bilatérale. Le moment venu, s’il y a lieu de choisir un régime agréé par l’UE, on subodore que l’option, manquée en 1992, de l’Espace économique (EEE) n’aura pas les faveurs de la cote ; il implique la reprise de l’acquis communautaire sans droit de codécision, ce qui est peu digne d’un Etat souverain. Plus attractive devrait être une « adhésion assortie de certaines dérogations » ou « adhésion light » dans le langage courant. Et la dérogation mise en avant dans le Rapport est celle de la conservation du franc suisse, à l’exemple de la Grande Bretagne, du Danemark et de la Suède. On peut imaginer qu’Economiesuisse pourrait s’en accommoder.

Pour l’agriculture, mais tout autant pour le tourisme et le noyau de l’économie réelle, la conservation du franc suisse dans un espace de libre-échange dominé par l’euro serait intenable. Ces branches seraient forcées de combler de façon répétée l’écart de prix que creuserait chaque nouvelle appréciation du franc par rapport à l’euro. Exigée par le secteur financier, une telle option aurait pour conséquence de « financiariser » toujours plus l’économie suisse par la marginalisation des autres secteurs. En effet, les entreprises de transformation des branches mécaniques, horlogères, alimentaires seront contraintes de délocaliser leurs ateliers de production hors des frontières ou, à tout le moins, de pratiquer le trafic de perfectionnement actif transfrontalier. Si les multinationales peuvent en tout ou partie compenser l’effet de change par l’achat de composantes à l’étranger et jouer sur les prix de transfert entre siège et filiales, il n’en va pas de même pour la plupart des PME dont l’activité s’exerce prioritairement sur le marché national. De leurs côtés, l’agriculture et le tourisme sont indéfectiblement enracinés dans le territoire national et ne peuvent ni délocaliser leurs activités ni acheter une forte proportion d’agents de la production en devises avantageuses. Donc, le rapprochement des prix suisses et européen ne serait pas réalisable une fois pour toutes, mais devrait être fait et refait chaque fois que le franc suisse prendra de la hauteur. Et il est probable que la propension du franc suisse à s’alourdir serait favorisée par l’emprise croissante du secteur financier sur l’économie et sur la politique. Progressivement, la Suisse prendrait des allures de Monaco ou de Singapour avec une concentration des activités rémunératrices dans les cités, à côté de campagnes et de paysages négligés. La rivalité, déjà perceptible entre les ténors de l’économie dite réelle et les magnats de l’économie financière serait exacerbée et le risque systémique accru. En un mot, un franc suisse fort, isolé dans un marché unique continental, serait destructeur de la cohésion nationale et de l’équilibre des activités.

Idéalement, pour satisfaire les intérêts de la branche agroalimentaire et l’adéquation des relations avec l’Union européenne tout en écartant l’obstacle monétaire, la meilleure des solutions est l’adhésion pleine et entière, soit avec la substitution de l’euro au franc suisse. Mais voilà, comme l’a écrit Hugo Loetscher : « Si Dieu était suisse, il en serait encore à se demander s’il convient de créer le monde ». Aussi, dans le pays des petits pas et des compromis, on ne peut exclure le passage par des étapes de rapprochement intermédiaires.

Si donc, en dépit de leur incompatibilité, il faut faire provisoirement ou durablement avec le libre-échange et le franc suisse, quels correctifs administrer ? Depuis quelques mois, une palette de chefs d’entreprises, politiciens, et économistes proposent un éventail de remèdes : couverture du risque de change par les banques, intérêts négatifs sur les dépôts étrangers, impôts sur les transactions fiancières, rattachement du franc à l’euro.

Pour l’agriculture, il y a le précédent de la « monnaie verte » lontemps pratiquée dans l’UE pour son marché agricole commun. De 1973 à l’avènement de la monnaie unique en 1999, les prix des denrées agricoles étaient fixés en ECU pour l’ensemble des pays de l’UE qui avaient alors encore, chacun, sa propre monnaie. Celles-ci pouvaient fluctuer les unes par rapport aux autres avec de fortes amplitudes. Aussi, provoquaient-elles des baisses, respectivement des hausses injustifiées de prix substantielles dans les pays à monnaie réévaluée, respectivement dévaluée. Pour pallier ces à-coups, le Conseil des ministres fixait alors chaque année des taux de change particuliers pour les transactions internationales afférentes à la politique agricole commune. Les écarts entre les « taux verts » et les taux du marché général donnaient lieu au paiement de montants compensatoires monétaires. Ces MCM prenaient ainsi la forme de subventions à l’exportation (et de prélèvements à l’importation) dans les pays a monnaie forte, notamment l’Allemagne et inversément dans les pays à monnaie faible.

Au catalogue des mesures d’accompagnement au projet d’accord de libre-échange agroalimentaire entre la Suisse et l’Union européenne, actuellement en négociation, il s’impose de prévoir un mécanisme de ce genre ou équivalent (« l’euro vert »).

Jean-Claude Trichet, Président de la Banque centrale européenne, nous apporte la caution de sa haute autorité. En 1993, alors qu’il était Directeur du Trésor au Ministère français des finances, il écrivait : « On peut supprimer tous les droits de douane et tous les obstacles non tarifaires aux échanges, si des différences de change importantes se multiplient entre les monnaies de l’ensemble économique considéré, ce sont autant de droits de douane immatériels qui ressurgissent, mettant évidemment en cause la réalisation du marché commun ». (3)

Jacques Janin, Mont-sur-Lausanne 10.1.2011