2007-04-23

Der Zeitpunkt zum Handeln ist da

Die intensive Diskussion über das Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich (FHAL) zeigte die berechtigten Befürchtungen der Seeländer Landwirte, verdeutlichte aber auch das Fehlen von besseren Alternativen.

Tildy Schmid

Überaus speditiv erledigte Urs Jenni, Präsident des Landwirtschaftlichen Vereins Amt Erlach (187 Mitglieder) die statutarischen Geschäfte der Hauptversammlung um sich sogleich dem Thema: Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich (FHAL) mit der EU zu widmen. Der Mehrheit der mitten im landwirtschaftlichen Arbeitsleben stehenden Bauern ist der Referent Hans Burger, früher Lehrer an der Inforama, bestens bekannt und so verlief die Diskussion vertraulich und im freundschaftlichen Du. „Die Thematik wäre an sich einfach, hingegen die Umsetzung schwierig und die Auswirkungen auf den Ernährungssektor sehr gross“, sagte Burger, klar aber sei, „die Grenz-Öffnung kommt, wir können sie nicht verhindern.
Wichtig sei zu überlegen: „Wollen wir in der Agrarpolitik im gleichen Rhythmus weiterfahren wie die letzten 15 Jahre oder wollen wir - mit zusätzlichen Übergangshilfen - die unausweichlichen strukturellen Anpassungen schneller hinter uns bringen? Die Chance wäre, bei den immer offeneren Grenzen, zumindest unsere Marktanteile halten zu können.“ Für Burger, als Sekretär der Gruppe für offensive Agrarpolitik (GAOP), ist der zweite Weg der bessere und deshalb sei die Zeit zum Handeln gekommen.

Alle müssen über „die Bücher“
Die agrarpolitische Reform (seit 1992) stabilisierte die landwirtschaftlichen Einkommen und habe die von der Gesellschaft gewünschten Erfolge im Bereich Ökologie und Tierhaltung gebracht. Dagegen sei die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nachbarländern zu wenig verbessert worden. Dafür trage nicht die Landwirtschaft die Hauptschuld, denn nur der kleinere Teil der höheren schweizerischen Konsumentenpreise sei auf die Preise der landwirtschaftlichen Rohstoffe zurückzuführen. Für den Rest tragen die vor- und nachgelagerten Bereiche die Verantwortung. Mit einem FHAL im Agrar- und Lebensmittelbereich würden diese, im Gegensatz zu den bisherigen Reformschritten, wesentlich mehr miteinbezogen. „Nur mit einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Ernährungssektors können langfristig unsere Marktanteile und damit die Produktion gehalten werden“, ist Burger überzeugt. Deutlich zeigte die anschliessende Diskussion, dass die Überlegungen nachvollzogen werden können. Die Fragen betrafen unter anderem die hohen schweizerischen Lohnkosten, das fehlende Pachtlandangebot, die effektiven zusätzlichen Exportmöglichkeiten. Immer wieder spürte man die Sorgen um die Auswirkungen eines FHAL auf den eigenen, insbesondere den seeländischen Gemüsebaubetrieb. Unbestritten blieb, wie Präsident Urs Jenni zusammenfasste, dass der arbeitsintensive Gemüsebau zu den am härtesten betroffenen Branchen gehören wird.

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