2007-07-25

EU Agrarmärkte als Chance für die Schweiz?


Kürzlich stellte Dr. Franz Fischler, ehemaliger Kommissar für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei der EU, an einer Kaderveranstaltung der Migros die bisherige und künftige Entwicklung der europäischen Agrarpolitik dar. Aus den fundierten Ausführungen, Fischler gilt als einer der besten Kenner der europäischen Landwirtschaft und kennt auch das schweizerische Umfeld gut, entnehmen wir folgende für uns interessante Aussagen:

- Weltweit gesehen stehen sich zwei Konzepte der Landwirtschaft gegenüber: agriculture und farming. Der Begriff agriculture umfasst eine nachhaltige Landwirtschaft mit multifunktionalen Aufgaben. Der Begriff farming dagegen steht für eine Landwirtschaft die ausschliesslich Rohstoffe nach marktwirtschaftlichen Gesetzen produziert. Europa setzt mehrheitlich, im Gegensatz zu Ländern wie Australien, Argentinien, Brasilien, auf die nachhaltige, multifunktionale agriculture, wobei das Vereinigte Königreich und die jüngsten osteuropäischen Mitgliedstaaten eher zum farming tendieren.

- Die Chancen Europas liegen in der Veredlung (functional und convenience food) und nicht in der Rohstoffproduktion (commodities).

- Die Nachfrage nach qualitativ hochstehenden, verarbeiteten Lebensmitteln in Europa ist gut (Europa ist in wichtigen Bereichen zum Nettoimporteur geworden), die Preise für landwirtschaftliche Produkte ziehen an und die Einkommensentwicklung wird für die nächsten Jahre trotz Osterweiterung positiv beurteilt.

Ein allfälliges, umfassendes Freihandelsabkommen der Schweiz mit der EU beurteilt Fischler nicht nur als langfristig unausweichlich sondern als grundsätzlich sinnvoll. Die EU und die Schweiz fördern die gleiche Art Landwirtschaft (agriculture und nicht farming). Zusätzlich zur Nahrungsmittelproduktion werden die multifunktionalen Leistungen mit von der Produktion unabhängigen (entkoppelten) Direktzahlungen entschädigt. Für veredelte Qualitätsprodukte mit garantierter Herkunft wird mit einem wachsenden Markt gerechnet auf dem Schweizer Produkte, die immer noch einen nicht zu unterschätzenden Imagebonus verfügen, durchaus ihren Platz haben werden. Für Fischler ist die Strategie, erst abzuwarten ob allenfalls die Doha-Runde abgeschlossen werden kann um dann als "kleineres Übel" zu versuchen, einen Freihandelsvertrag mit der EU abzuschliessen, wenig überzeugend. Mit einer solch defensiven Politik setzt man sich in eine schlechte Verhandlungsposition und was noch wichtiger ist, es werden der schweizerischen Landwirtschaft Marktanteile verloren gehen. Wenn man dagegen in die Offensive geht, bestimmt man selber wohin man geht und wie schnell.

Diesen Standpunkt vertrat die GOAP schon immer...



GOAP

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