2007-06-25

Studie des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) bestätigt: Ein FHAL mit der EU bringt der schweizerischen Landwirtschaft die besten Perspektiven


Der SBV orientierte am 22. Juni anlässlich einer Pressekonferenz in Bern über die Auswirkungen eines Freihandelsabkommens im Agrar- und Lebensmittelbereich (FHAL) mit der Europäischen Union. Unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Preis-, Kosten- und Strukturentwicklungen wurden für 11 verschiedene Betriebstypen die Auswirkung der AP 2011, eines WTO – und FHAL – Abschlusses mit der EU berechnet. Ein viertes mögliches Szenario, die Auswirkungen von künftigen Freihandelsabkommen mit aussereuropäischen Staaten, in denen die Landwirtschaft nicht mehr von vorneherein ausgeklammert werden kann (Brasilien, Indien, China, Russland), wurde wegen zu wenig konkreter Vorgaben nicht mit in die Berechnungen aufgenommen.

Die entscheidende Schlussfolgerung bestätigt, was die GAOP von Anfang an vertreten hatte: Ein FHAL – mit der EU bringt der schweizerischen Landwirtschaft die besten Perspektiven. Verglichen mit den Basisjahren 2004 / 05 vermindern sich die durchschnittlichen Einkommen der Familienarbeitskräfte je nach Annahmen bis zum Jahre 2015 in den Szenarien AP 2011 ohne WTO- oder FHAL Abschluss zwischen 28 und 43 %, mit einem WTO-Abschluss zwischen 85 und 92 % und mit einem FHAL mit der EU zwischen 64 und 72 %. Durch ein FHAL mit der EU würden die Einkommen im Schnitt halbiert.

Die Betroffenheit der einzelnen Betriebstypen und damit auch verschiedener Regionen ist sehr unterschiedlich. Während im Berggebiet mit einem FHAL die Einkommen gegenüber den Basisjahren laut diesen Berechnungen praktisch gehalten werden könnten, wird der Ackerbau, hier wären die Auswirkung einer Öffnung auf den europäischen Markt härter als die Auswirkungen der WTO, speziell stark betroffen. Überdurchschnittlich betroffen würden nach diesen Modellrechnungen auch die Geflügel- und Schweineproduktion. Eine Mittelstellung würde die Milch- und Rindfleischproduktion einnehmen.

Es erstaunt wohl kaum Jemanden, das der SBV auf Grund dieser Berechnungen zur weiteren wichtigen Schlussfolgerung kommt, dass ein FHAL für die Landwirtschaft gegenwärtig nicht zumutbar sei, ausser es zeichne sich ein Abschluss der ins Stocken geratenen WTO Verhandlungen ab.

Aus Sicht der GOAP ist es besonders verdienstvoll, dass man mit dieser Studie versucht hat von rein statischen Vergleichen wegzukommen und die, unabhängig aller Aussenhandelspolitik, fortlaufenden strukturellen Entwicklung unserer Landwirtschaft mit zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wären verschiedene Annahmen, z.B. dass eine 20 % Flächenausdehnung im Modell zu schlechteren Ergebnissen führt, weil die erzielten Mehrerlöse die dadurch zusätzlich anfallenden Strukturkosten (Arbeit, Maschinen etc.) nicht zu decken vermögen, zu diskutieren. Dieser theoretische Ansatz widerspiegelt die Wirklichkeit nicht. Vielmehr wären die meisten Betriebe in der Lage, diese Produktionserweiterung mit den bestehenden Maschinen und Arbeitskräften zu bewältigen. Ebenfalls zu hinterfragen wäre, ob die unterstellten Annahmen in der Schweine- und Geflügelproduktion den effektiven Verhältnissen in diesen beiden Produktionsbereichen entsprechen. Die Studie unterschätz generell die Möglichkeiten zur Kostensenkung und überschätzt die Einkommensverminderung. Trotzdem bringt sie einen wertvollen Beitrag zur Versachlichung der leider noch sehr oft durch politische Interessen überschatteten und emotional geführten innerlandwirtschaftlichen Meinungsbildung.

Leider kommt der SBV einmal mehr zu einer defensiven Schlussfolgerung. Für ihn ist zur Zeit ein FHAL mit der EU wenn überhaupt, nur dann diskutabel, wenn wider aller Erwartungen doch noch ein Abschluss der laufenden WTO – Runde zu Stande käme. Dies weil, jetzt auch nach seinen eigenen Berechnungen, ein WTO Abschluss ohne FHAL mit der EU für die Landwirtschaft gar keine Perspektiven bringen würde. Er blendet dabei leider völlig aus, dass besonders unsere Landwirtschaft auf eine wettbewerbsfähige Verarbeitungsindustrie angewiesen ist. Zum ersten mal sind nicht nur an Importen interessierte Grossverteiler und Economiesuisse an einem FHAL mit der EU interessiert, sondern auch weite Teile der einheimischen Verarbeitungsindustrie, besonders im Milch- und Fleischsektor, zwei für die schweizerische Landwirtschaft strategische Bereiche.


In ablehnend, abwartender Stellung, die unausweichliche Entwicklung der Marktöffnung auf sich zukommen zu lassen um dann letztlich anderswo gefasste Beschlüsse umzusetzen ist auch eine Strategie. Die GOAP meint aber, dass gerade für junge Betriebsleiter eine offensive Politik zur Teilnahme am europäischen Markt mehr Perspektiven bringt. Die Berechnungen des SBV bestätigen dies ja. Hinzu kommt, dass durch eine solche Politik die Bereitschaft, die unumgänglichen zusätzlichen öffentlichen Mittel für eine Anpassungs- und Übergangsphase zur Verfügung zu stellen, erhöht würde. Der SBV sollte sich somit im Interesse aller auch künftig an der Nahrungsmittelproduktion in der Schweiz Interessierten der unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen mit der EU und der Ausarbeitung entsprechender Begleitmassnahmen nicht entgegenstellen.


GOAP / GPAO


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